Wer fährt, wer bleibt in Tiflis?

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Bernd Friese und Heidi Hetzer
Bernd Friese und Heidi Hetzer

Guten Morgen,

ich erwache hier im sonnendurchfluteten Tiflis (Tiblissi) wo wir Gestern angekommen sind und ev. länger bleiben, aber dazu später mehr…

Am Dienstag hatten wir uns Früh aufgemacht um Hudo zu einer Werkstatt zu bringen, die Heidi auf einer nächtlichen Erkundungsfahrt ausfindig gemacht hatte, nachdem ein Versuch ihn mit einer altersschwachen Hebebühne auf der benachbarten Tankstelle fehlschlug. Diese war wohl mehr für das Heben von Paletten konstruiert worden als für Autos.

Mehmet und sein Team unterstützten uns tatkräftig trotz der Kommunikation mit Händen und Füßen, der Durchbruch waren dann kleine Funktionszeichnungen die international verständlich sind unter Autoschraubern ;O)

Wir wechselten die abermals verdreckten Spritfilter aus und ich verbog mir die Finger beim Einbau des nach Istanbul mitgebrachten Ersatztachos. 3 Stunden später war es vollbracht und ich um eine Erfahrung weiter, nämlich das man hier keinen Drehmomentschlüssel benutzt, es war jedenfalls keiner aufzutreiben um unsere Radschrauben zu kontrollieren.

Schlussendlich bekam Hudo noch den Pelz gewaschen und stand wieder glänzend da.

Nach einem kurzen Abstecher zur Einkaufsgelegenheit gegenüber dem Hotel wo es schön kühl und trocken war und ich meine Schuhe- und Shortvorat ersatzbevoratete, ging es zur Türkisch –Georgischen Grenze 5km weiter.

Dort der Schock: Wir fuhren kurz am Kontrollpunk vorbei um nach links in eine 2km lange Schlange geschickt zu werden…..

Um uns rum munkelte man von ca. 6 Stunden Wartezeit! Aber Heidi wäre ja nicht Heidi wenn sie so etwas einfach hinnehmen würde, also ab zum Obergrenzer und ihm unser spezielles Anliegen erklärt.

Leider sind die Türkischen Grenzpolizisten nicht so leicht zu beeindrucken und so standen wir auch danach noch im sprichwörtlichen (und tatsächlichen Regen) alles wirkte plötzlich grau und unschön nach den tollen Tagen vorher.)

Dann wurde aber die Taktik geändert und ein weiter vorne stehender Busfahrer mit druckfrischen Dollars „überredet“ uns einfach vor zu lassen und siehe da es klappte und eine weitere Stunde später hatte ich zum ersten Mal auf dieser Reise das Land gewechselt!

Es war immer noch schwülstwarm und grau aber vor uns lag Georgien welches wir auch unverzüglich unter die Räder nahmen.

Im nahe gelegenen Batumi mitten im chaotischen Abendverkehr nach einer SIM Karte zur Herstellung unserer Kommunikationsbereitschaft Ausschau gehalten und in einem Miniladen für umgerechnet 2,50 Euro gekauft.

Etwas später bei Poti noch am Schwarzen Meer gönnten wir uns ein stärkendes Abendessen auf einer Dachterrasse eines Club mit Musikbeschallung und entschieden uns dann die Nacht durchzufahren um voranzukommen.

Gegen 1:30 Uhr wurden Beifahrer und Pilotin doch dann so müde, daß Hudo im halbdunkeln neben der Toilette an einer Tankstelle irgendwo in Ostgeorgien angehalten wurde um bis zum Sonnenaufgang zu schlafen.

Einsetzender sintflutartiger Regen unterstützte diese Entscheidung und wir machten das beste aus der Situation, allerdings kann ich für meinen Teil sagen war mein Renault Twingo bequemer, dort konnte man wenigstens die Sitz zu einer Liegefläche nach hinten klappen und hatte durch das Faltdach eine tolle Sternensicht…. Tja diese Franzosen!

Etwas gerädert ging es gegen 5:00 weiter durchs morgendliche Georgien. Und das war weniger schön!

Verlassene Industriebrachen, Ruinen und Straßen 2.-3. Ordnung sowie kleine runtergekommene Orte erinnerten an übelste Nachwendezeiten im Osten. Auch die Menschen hatten ihre Leichtigkeit verloren und ein Lachen zu finden brauchte schon viel Mühe.

Weiter nach Tiblissi über die Berge und Hudo genehmigte sich seinen üblichen großen Schluck aus der (Wasser-)Pulle.

Allerdings wurde die Landschaft jetzt satt und grün und ich kam mir vor wie in einem subtropischen Land Mittel-oder Südamerikas!

Die Stimmung stieg wieder und plötzlich wurde die Straße zur Autobahn und es ging mit großen Schritten voran.

Als Heidi mit einem mal einen bepackten Fahrradfahrer auf der Standspur radeln sah. Flugs wurde Hudo in die nächste Parkbucht gelotst und kurz danach kam Bernd Friese (der seinen Namen nach dem Rennfahrer Bernd Rosemeyer bekam!) auf dem Drahtesel vorbei und hielt an!

„Er fahre wie jedes Jahr seine ‚kleine Fahrradtour‘ durch fremde Länder… 500 km über die von uns verschmähten Passstraßen hatte er schon gemeistert und 1500 sollten es werden, allein und mit 76!.

Mir blieb die Spucke weg! „In seiner Familie sind alle Fahrradverrückt und seine Frau Ulrike sei im Rheinischen strampelnd unterwegs und auch sein Sohn ist passionierter Radler!“

Andere Rentner in Deutschland in seinem Alter zählen nur noch ihrer Wehwehchen oder buchen wenn sie sich “rüstig“ fühlen

All-Inclusiv Luxuskreuzfahrten nach Miami und er, zeigt selbst uns wie hart man wirklich sein kann, Chapeau Bernd, DU BIST DER MANN!!

In Tiblissi endlich angekommen, begaben wir uns zu unserer Reiseagentur um weiter zur Iranischen Botschaft zu fahren um mein Visum welches hier hinterlegt sein sollte abzuholen, wir dachten ein reiner Verwaltungsakt….. weit gefehlt, der Orient hat uns schon unbemerkt im Griff „Inschallah“ und nach einiger Wartezeit erklärte mir der Botschafter das wenn alles glatt gehen würde vor Montag keine Chance bestünde.

Dies würde unseren Zeitplan leider komplett killen und so laufen seit gestern die Telefone und Emailleitungen heiß, zumal es noch weitere Hürden in Türkmenistan und Uzbekistan mit Heidis Visaablaufdaten gibt.

…Stopp Press….. Der Iranische Botschafter teilt gerade mit daß mein Visumsantrag zwar gefunden wurde, es aber erst am Montag ausgestellt wird…… Heidi will nochmal zur Iranischen Botschaft und falls erfolglos alleine weiterfahren….

Patrik out

15 Gedanken zu „Wer fährt, wer bleibt in Tiflis?

    Sebastian Schille sagte:
    21. August 2014 um 21:25

    Jetzt bin ich ja schon ein bisschen aufgeregt, es ist jetzt 21:20 und Hudo steht (mit welcher Besatzung auch immer) kurz vor der Grenze zu Azerbaijan… Ich hoffe mal auf das Beste und drücke beide Daumen! 🙂

    Gute Reise, Sebastian

      Wolf Hi sagte:
      21. August 2014 um 22:19

      ich bin nicht nur aufgeregt…ich mache mir eher Sorgen. 21:20 Uhr unserer Zeit entspricht (glaube ich)
      1:20 Uhr georgischer Zeit. Wenn Heidi alleine los ist…….

      Jürgen sagte:
      21. August 2014 um 22:30

      Ja, mir geht es genauso. Hudo steht immer noch vor der Grenze und es ist schon 22:30 Uhr. Ich hoffe nur, Patrik hat sein Visum noch bekommen.
      Die Zeit drängt: Heidi muß Azerbaijan am 24.8. verlassen!

    RIta Naumann sagte:
    21. August 2014 um 19:51

    Habe den 20.08 ohne Kommentare schwer vermisst, „Heidi u. Patrick fahren…“ gehört zu jeden Tag…..
    Ist es denn wirklich solo schlimm, 3 Tage in Tiflis auf das Visum zu warten? Oder habt Ihre schon in
    Manila zu Fixterminen Zimmer reserviert? Warum diese Hektik?
    Viel Glück für dieses wunderbare, abenteuerliche Unternehmen, aber nicht ohne Patrick…..
    Es ist doch „beruhigend“ wenn den beiden Senioren – „HEIDI und HUDO“ zupackende Hände
    und aufbauende Worte zur Seite stehen. Gute Reise weiterhin.
    Rita.

      Wolf Hi sagte:
      21. August 2014 um 22:17

      Für bestimmte Länder, die die Drei noch durchqueren müssen, gelten bereits erteilte Durchreisegenehmigungen nur für eine bestimmte Zeit. Diese heisst es einzuhalten. Sonst ist die Fahrt beendet.

    Häuptling schnelle Schnecke sagte:
    21. August 2014 um 14:35

    Zeitplan ? Was solls… dann dauert die Weltreise eben ein paar Tage länger.
    Zusammenbleiben finde ich besser.
    Weiterhin viel Erfolg und Reisebericht nicht vergessen 😉

    Marianne sagte:
    21. August 2014 um 13:20

    1000 Dank, daß Patrik trotz all der Schwierigkeiten so ausführlich geschrieben hat!! Wir fühlten uns schon ganz „leer“ ohne den (gestrigen) Tagesbericht! Aber …. ABER … laß H und H NICHT ALLEIN !!! Wir wissen zwar: HEIDI KANN ALLES … und HUDO IST EIN STAR aber …. ich habe keine ruhige Minute mehr, wenn ich an die beiden ALLEIN UNTERWEGS denke !!! Charlottenburg-Wilmersdorf komplett drückt die Daumen!! Bis bald …

    dh6mav sagte:
    21. August 2014 um 13:15

    Wer das Abenteuer sucht, findet es.

    Hagen Jensen sagte:
    21. August 2014 um 13:05

    Ja, ja,- die gut gemeinten Ratschläge aus der Heimat. Euch sind ja die Reiseempfehlungen des AA für den Iran, aber auch andere Regionen bekannt, in denen Ihr Euch aufhaltet. Insofern ist eigentlich von einem Alleingang von Heidi abzuraten. Auch wenn Ihr Turkmenistan und Usbekistan weglasst und über die Ossetische Heerstraße gleich in Richtung Russland fahren würdet, gäbe es noch genügend Probleme, aber Ihr seid dann wenigstens gemeinsam unterwegs. Die Entscheidung wird nicht leicht und vielleicht hat ja der Besuch von Heidi beim iranischen Botschafter Erfolg,- Inschallah, wie Du schon erwähnt hast, Patrik. Alles Gute weiterhin und lasst die Räder auf der Erde!

      Peter sagte:
      21. August 2014 um 15:54

      Möglicherweise habe ich etwas verpasst. Doch wenn ihr die Grusinische Heerstrasse nach Wladikawkas wählt, kann ich euch noch diese Botschaft mitgeben. Gefahren letztes Jahr anfangs September mit einem MG-A 1600MkII (1961) Cabriolet. Strasse bis Gudauri gut bis sehr gut. Achtung im Lawinenschutztunnel. Viele Löcher mit Wasser gefüllt. Achsen, Federung und Radlager lassen Grüssen. Nordseite bis nach Stepanzminda runter im Bau. Ruppig, staubig und mit Steinbrocken durchsetzt. Weiter bis nach Wladikaw-
      kas ist die Strasse gut. Falls ihr durch Kalmückien fährt: Achtung vor den „Radarkontrollen“. Das die Dinger nicht stimmen und der Kontrollierende etwas Kleingeld verdienen will sei nur am Rande erwähnt. Ebenso an der innerrussischen Grenze zu Kabardino-Balkarien. Zum Abschluss und zur „Aufmunterung“ füge ich noch meine Einschätzung über die Strasse zwischen Astrachan und Atyrau an. Im kasachischen Teil mit grauenhaften Schlaglöchern durchsetzt, ein Albtraum. Schlechtere Strassen habe ich weder in Sibirien noch in Südamerika gesehen. Ich wünsche euch viel Glück und gute Dosis Gelassenheit.

    toni sagte:
    21. August 2014 um 13:05

    hallo abenteurer, kann patrick nicht heidi irgendwann später wieder treffen? toi toi toi

    Harald sagte:
    21. August 2014 um 12:31

    Das sind ja keine guten Nachrichten!!!
    Aber auf solch einem Abenteuer muss man wahrscheinlich mit diesen Rückschlägen rechnen, leider!
    Ich wünsche euch beiden viel Geduld und dass alles gut wird. Lasst euren Traum nicht durch die Bürokratie kaputtmachen.
    Ihr seid ein tolles Team, haltet zusammen :-)). Ihr schafft das nur gemeinsam, die Tour wird jetzt bestimmt nicht einfacher.
    Gruß Harald

    Ulli sagte:
    21. August 2014 um 12:31

    schon wieder alleine weiter?
    also Patrik – jetzt schau aber, dass du die Botschaft davon überzeugst, deine störrische und sture Heidi die zur Not auch ohne dich den Iran erobern würde, doch als Beschützer unbedingt begleiten musst! 🙂 😉
    wird schon!!!! ich halte die Daumen für eine schnelle gemeinsame Weiterfahrt!

    FredaF sagte:
    21. August 2014 um 12:23

    Vielen Dank für die tolle Berichterstattung, Patrik! So macht das richtig Spass zu lesen, bitte weiter so!!!
    Viel Glück euch beiden, seid schön vorsichtig und weiterhin gute Fahrt,
    Angelika Holz

    wirbelwind sagte:
    21. August 2014 um 11:44

    Liebe Heidi, lieber Patrik, der Iran soll toll sein. Toi toi toi, dass ihr bald weiter kommt. Und denkt daran, im Iran kommt man sehr schnell unter Terrorverdacht, wenn man die „falschen“ Motive fotografiert. Oft hört man ja nur von jemandem, der etwas von jemandem gehört hat … Doch seit letzter Woche kenne ich ein Familienmitglied, dasr arge Schwierigkeiten bekommen hat, nur weil es eine Industrieanlage fotografiert hat. Gute Reise!

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